Finite Elemente

Oberflächentemperaturen auf dem Pyramidenplateau von Gizeh (Hauptobjekte und Positionen in etwa maßstäblich), berechnet mittels 3D-Finite Element-Simulation: AM4-Sonnenspektrum, Rückstrahlung, Wind aus Südrichtung, Bodentemperatur 5 Grad C in 10 m Tiefe. Blickrichtung ist NO; von unten nach oben die Mycerinus-, Chefren- und Cheops-Pyramide sowie einige Satellitenobjekte. Dunkel-/Hellblau: 10 bis 10.2, hellgrün/hellrot: 20 bis 20.4 Grad C.












Finite Element-Modellierung eines thermisch superisolierten Rohrbogens. Oberes Bild: 3D-Netz, mapped meshing; unteres Bild: Temperaturprofil an der Stirnfläche. Der Rohrbogen ist mit mehrlagigen evakuierten Paneelen isoliert. Mit dieser Simulation werden die Wärmeverluste über Radial- und Längsfugen zwischen den Paneelen und über die metallisierten Folien minimiert, welche den evakuierten Paneelenkern (Glasfasern) vakuumdicht einschließen.



Widerstandsnetzwerke

Thermische Widerstandsnetzwerke haben sich bei der Simulation von Temperaturfeldern und Wärmequellen in elektrotechnischen Einrichtungen (Motoren, Transformatoren, Leistungselektronik) als Alternative zu viel aufwendigeren Finite Differenzen oder Finite Element-Methoden bewährt, nicht selten als erster Schritt vor einer experimentellen oder weitergehenden numerischen Untersuchung.

Der Grundgedanke ist, einzelnen Bauteilen eines Motors einen Wärmewiderstand Ri in Richtung des jeweiligen Wärmestroms (entgegen dem lokalen Temperaturabfall ΔT) zuzuordnen. Bei reiner Wärmeleitung setzt sich Ri aus der Wärmeleitfähigkeit λi, der Länge Li des Wärmestrompfads in der genannten Richtung durch das Bauteil und dem Querschnitt, Ai, des Bauteils zusammen: Ri = Li/(λi⋅Ai). Ebenso werden Wärmewiderstände für den Wärmeübergang durch Konvektion oder Strahlung vom jeweiligen Bauteil an ein Fluid bzw. eine Umgebung definiert, mit der Strahlungsaustausch stattfindet; näheres dazu im VDI-Wärmeatlas. Die Wärmeströme Qi werden aus den Wärmewiderständen nach Qi = ΔT/Ri gebildet und alle Wärmeströme schließlich nach den Kirchhoffschen Gesetzen der Elektrizitätslehre miteinander verknüpft (im stationären Zustand ist die Summe aller an einem Punkt zufließenden Wärmeströme gleich der Summe der abfließenden Ströme). Dies ergibt ein Gleichungssystem, aus dessen Lösung man die Verteilung der mittleren Temperatur der Bauteile und der gesamten Einrichtung erhält. Die Berechnung kann stationär oder, wenn man noch die Wärmekapazität der Bauteile hinzunimmt, zeitabhängig vorgenommen werden. Das Verfahren liefert gute Übereinstimmung mit Messungen von Temperaturfeldern an Motoren, Transformatoren oder Schaltschränken, die Bauteilen der Leistungselektronik enthalten und kann sogar auf Folien-Superisolationen angewendet werden.

Bild 1 verdeutlich das Prinzip, hier am Beispiel eines Kryobehälters:



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Bild1: Thermisches Netzwerk (schematisch) eines mit evakuierten Folien superisolierten Kryotanks, hier für flüssigen Stickstoff; stark vereinfachte Darstellung (Klöpper- böden nicht eingezeichnet, Dimen- sionen der Flüssigkeits- zuführung (Hals) stark übertrieben, Folien und Spacer sind in den dünnen Linien zusammengefaßt, nur die innersten Folienlagen sind angedeutet). Kleine volle und große offene Kreise: Positionen (Knotenpunkte), an denen Temperaturen berechnet bzw. als Randbedingungen vorgegeben sind, gepunktete, offene oder volle Rechtecke: Wärmewiderstände bezüg- lich Festkörperwärmeleitung, Strah- lung oder Konvektion oder Sieden. Die dünnen oder dicken Linien geben gleichzeitig die Richtung der Wärmestrompfade wieder. Am Boden überlappen die Folien auf der ganzen Fläche (nicht dargestellt). Für jeden Knoten gelten die Kirchhoffschen Gesetze.

Bild 2 zeigt Ergebnisse der zeitabhängigen Berechnung der Hals- und Wandtemperaturen (Knoten 0, 1 und 3) und der Folientemperaturen (Knoten 13, 23, 33 und 43 für die innersten Folienlagen) der Folien-Superisolation, die um den Tank mit dem flüssigen Stickstoff gewickelt ist.



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Bild2: Ergebnisse der Berechnungen für einen Kryotank mit dem thermischen Netzwerk aus Bild 1

Für Bild 1 und 2: "Reprinted from H. Reiss, A coupled numerical analysis of shield temperatures, heat losses and residual gas pressures in an evacuated super-insulation using thermal and fluid networks, Part I and II, Cryogenics 44 (2004) 259-271 and Cryogenics 46 (2006) 864 - 872, with permission from Elsevier".

Analog zu thermischen Widerstandsnetzwerken können Strömungsnetzwerke eingerichtet werden. Die Analogie beruht darauf, daß für trockene Luft bei 20°C ein Strom von 1 Pa⋅m3/s einem Molekülstrom von etwa 2.5⋅1020 Molekülen/s entspricht. Angewandt auf das obige Beispiel "Kryobehälter" sind die Temperaturen an den Knotenpunkten, Ti, durch die Restgasdrücke, pi, an entsprechenden Positionen zwischen den Folien (oder zwischen Folien und Behälterwänden) und die Wärmewiderstände, Rij, durch die Strömungswiderstände, Zij, der Strömungskanäle zwischen den Folien bzw. Behälterwänden zu ersetzen. Mit dem Folienabstand sind für die Strömungskanäle ihr offener Querschnitt und Umfang und mit beiden der hydraulische Durchmesser zu errechnen; für die Berechnung der Strömungswiderstände vergleiche man Standardliteratur der Vakuumtechnik. Es interessiert insbesondere der Bereich der molekularen Strömung, weil es viel länger dauert, vom Restgasdruck 1 mbar auf den Enddruck 10-4 mbar zu pumpen als von atmosphärischem Druck auf 1 mbar; daher genügt die Simulation des Abpumpvorgangs unterhalb des Restgasdrucks von 1 mbar.

Bei der experimentellen Ermittlung von Restgasdrücken zwischen den Folien wird vielfach hinter geschlossenem Ventil oder an anderen singulären Punkten gemessen und angenommen, dieser nach einer gewissen Wartezeit gemessene Druck sei der gleiche für alle Bereiche der Folienisolation. Dies ist jedoch nicht erfüllt, wenn lokale Quellen und Senken auftreten und gilt insbesondere nicht bei kontinuierlichen, aus Schüttungen bestehenden evakuierten Superisolationen (Glasfasern, Pulver) wegen deren enormer Gasabgabe (das gleiche gilt für alle Einrichtungen, die große interne Strömungswiderstände aufweisen). In Folienisolationen zählen zu den Quellen neben Lecks die Desorption von Gasmolekülen von den Folienoberflächen und den Behälterwänden sowie Permeation von Gas aus der Umgebung oder von gespeicherten Gasen durch die Behälterwände. Getter wirken als Senken. Solche lokalen Einflüsse auf das erzielbare Endvakuum, die Verteilung des Restgasdrucks in der Folienisolierung und damit auf die Wärmeverluste können mit dem Strömungsnetzwerk wirkungsvoll berücksichtigt werden. Lokale Messungen des Restgasdrucks wären zumindest im Beispiel Folienisolation viel zu schwierig.



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